Messdaten
pfeil-rechts_blauBiberach
pfeil-rechts_blauCottbus
pfeil-rechts_blauDetmold
pfeil-rechts_blauHalle
pfeil-rechts_blauHöhenkirchen
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pfeil-rechts_blauNeumarkt
pfeil-rechts_blauOlbersdorf
pfeil-rechts_blauOverbach
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Modellhafte Sanierung einer Schule (MOSES) in Stuttgart
demo-best_s-plieningen Adresse: Paracelsusstr. 4, 70599 Stuttgart
Bauherr: Stadt Stuttgart
Antragsteller: Stadt Stuttgart
Ansprechpartner: Stadt Stuttgart,
Amt für Umweltschutz - Abteilung Energiewirtschaft,
Dr. Jürgen Görres

 

 

Projektbeschreibung

 

Allgemeine Daten
Projektadresse Grund- und Hauptschule Plieningen
Paracelsusstr. 4
70599 Stuttgart
Deutschland
Baujahr 1936 / 1957 / 1970
Sanierungszeitraum 1996 - 1997
Gesamtgrundfläche 5.260 m²
Anzahl der Schüler ---
Anzahl der
Klassenzimmer
25 + 3 Fachräume
Standard-
Klassenzimmer
60 m²
20 - 25 Schüler
plie_moses
Südansicht von Gebäudeteil 1 und 2

Projektübersicht

Anhand dieser Schule sollte das Sanierungspotential eines typischen Schulgebäudes in Deutschland aufgezeigt werden. Mit der Erneuerung der Heizanlage bei gleichzeitiger Verbesserung des baulichen Wärmeschutzes wurden Synergieeffekte erzielt. Dabei wurden, neben dem zu reduzierenden Energieverbrauch, Maßnahmen untersucht und optimiert.


Eingesetzte Sanierungsmaßnahmen
- Wärmedämmverbundsystem, Innendämmung
- Wärmeschutzverglaste Fenster
- Dachdämmung mit Polystyrol-Hartschaumplatten (von Schülern und Lehrern im Rahmen einer Projektarbeit verlegt)
- Erneuerung des Beleuchtungssystems, tageslichtabhängige Kunstlichtsteuerung
- Erneuerung der Heizanlagentechnik (Gas-Brennwertkessel / Niedertemperaturkessel), Heizkörper und Leitungssystem

 

Lage plie_brd_karte
Standort der Schule in Deutschland

Stuttgart, die Hauptstadt des Bundeslandes Baden-Württemberg, liegt im Neckartal im Südwesten Deutschlands mit einer geographischen Höhe zwischen 200 m und 400 m über NN.
Breitengrad 48,7 °N
Längengrad 9,2 °O
Höhenlage 240 m über NN
Mittlere Jahrestemperatur 8,6 °C
Mittlere Temperatur im Winter 5,8 °C
Klima - Beschreibung Sonnig, temperiert
Würzburg Testreferenzjahr (TRY)
Gebäudetyp / Baujahr
Das Demonstrationsobjekt ist eine Grund- und Hauptschule, die in drei Abschnitten in den 30er, 50er und 70er Jahren entstand.
Bauweise und Bausubstanz sind typisch für die jeweilige Bauzeit.
Gebäudetyp Baujahr
vor 1910 1910-1930 1930-1950 1950-1970 1970-1990 nach 1990
Dorfschule
Mehrgeschossige
Schule
Mittelflur-Schule
Seitenflur-Schule X X X
Pavillon-Schule
Hallen-Schule
Zentral-Schule
Kammform-Schule
Offenes-Konzept-Schule
Cluster-Schule
Sonstige

 

Ausgangszustand

Gebäudekonstruktion
Der Gebäudeabschnitt 1 wurde in Ziegelbauweise erstellt. Die Aussenwände des Abschnitts 2 wurden in Stahlbetonskelettbauweise mit Ziegelausfachung errichtet. Das Gebäude 3 wurde in Stahlbetonbauweise mit aussenseitiger bzw. innenseitiger Wärmedämmung erstellt. Die Fenster waren doppelverglaste Holzverbundfenster. Oberer Gebäudeabschluss der Bauabschnitte 1 und 2 ist ein nicht ausgebautes Satteldach. Die oberste Geschossdecke war mit Torfmull gedämmt. Das Gebäude 3 besitzt ein bereits 1990 saniertes Flachdach mit einer Stahlbetonrippendecke. Die Kellerdecken der drei Gebäudeabschnitte sind aus Stahlbeton und hatten keine Wärmedämmung.
plie_grundriss
Grundriss der verschiedenen Gebäudeabschnitte

Heizung / Lüftung und Beleuchtungsanlage
Die Niederdruck-Dampfheizkessel mit einer Gesamtleistung von 800 kW stammen aus dem Jahr 1969. Gebäude 1 wurde mit Dampf beheizt, das Warmwasser für Gebäude 2 und 3 wurde mittels Wärmetauscher erhitzt. Rohre und Heizkörper sind noch aus der Zeit der Errichtung der Gebäude. Die Schulgebäude wurden über die Fenster natürlich belüftet.
Das ursprüngliche Beleuchtungssystem bestand aus Prismenwannen- und Rasteranbauleuchten mit Leuchtstoffröhren.

Mängel / Schäden
An allen Gebäuden gab es besonders an den Bauteilanschlüssen große Wärmeverluste. Die Fenster waren undicht, teilweise verwittert und verzogen. Der Endenergieverbrauch für die Beheizung der Schule war mit 210 kWh/m²a sehr hoch. Die Heizanlage war völlig veraltet.
Der lichttechnische Zustand der Räume war aufgrund starker Blenderscheinungen sehr schlecht. So wurden die Jalousien geschlossen und die Beleuchtung eingeschaltet, obwohl genügend Tageslicht vorhanden war.

 

Energiesparkonzept Zusammenstellung der U-Werte der Gebäudehüllflächen vor und nach der Sanierung
Gebäude-
abschnitt
Bauteil U-Wert [W/m²K]
Vor der
Sanierung
Nach der
Sanierung
1 Außenwand 1,60 0,26
Fenster 3,4 1,4
Dach 1,35 0,19
Kellerdecke 1,72 / 3,02 1,72 / 3,02
2 Außenwand 1,73 0,25
Fenster 3,5 1,4
Dach 0,85 0,18
Kellerdecke 2,35 2,35
3 Außenwände 1,36 0,26
Fenster 2,5 1,4 / 1,73
Dach 0,28 0,28
Kellerdecke 1,56 / 2,17 0,79 / 2,17


Es wurden eine Vielzahl möglicher Wärmedämmmaßnahmen und Heizungssysteme untersucht und deren Energieeinsparpotential mit den entsprechenden Investitionskosten verglichen. Die jeweils wirtschaftlichsten Maßnahmen wurden später realisiert.

Gebäudehüllflächen
Die Außenwände wurden durch ein bis zu 14 cm dickes Wärmedämmverbundsystem gedämmt, in Bereichen, an denen die ursprüngliche Fassade erhalten werden mußte, wurde innenseitig mit Polystyrol-Hartschaum gedämmt.
Teile des Daches wurden mit 18 cm Polystyrol-Hartschaumplatten versehen, verlegt von Schülern und Lehrern im Rahmen einer Projektarbeit.
Die alten Fenster wurden durch Fenster mit Wärmeschutzverglasung und Holz-Aluminiumrahmen ersetzt.

Heizung / Lüftung / Beleuchtung
Sämtliche Anlagenteile der Wärmeerzeugung wurden erneuert. Es wurden ein Gas-Brennwertkessel für die Grundlastdeckung und ein Gas-Niedertemperaturkessel für die Spitzenlast installiert. Das Gebäude 1 erhielt neue, überdimensionierte Heizkörper, die ein schnelles Aufheizen nach einer Absenkphase ermöglichen. Über Anwesenheitstaster wird die Raumtemperatur auf Solltemperatur gehalten, ansonsten wird die Raumtemperatur reduziert.
Die Wärmedämmmaßnahmen führten zu einer dichteren Fassade, jedoch wurde keine Lüftungsanlage installiert. Der Hausmeister sowie die Lehrer wurden darauf hingewiesen, durch genügende Fensterlüftung dem erhöhten Lüftungsbedarf Rechnung zu tragen.
Einige ausgewählte Klassenzimmer erhielten eine neue Beleuchtungsanlage mit effizienteren Leuchtmitteln, elektronischen Vorschaltgeräten und teilweise eine zusätzliche tageslichtabhängige Kunstlichtregelung. Aus Kostengründen konnten jedoch nicht alle Räume damit ausgestattet werden. Die Räume erhielten einen neuen Anstrich mit besseren Reflexionseigenschaften.

 

Erzielte Energieeinsparung


Heizung
Der 1977 gemessene Heizenergieverbrauch von 382 kWh/m²a konnte hauptsächlich durch Überwachungsmaßnahmen der Stadt Stuttgart ohne Kapitalaufwand auf 210 kWh/m²a in den frühen 90er Jahren reduziert werden. Durch die Sanierung konnte der Verbrauch nochmals deutlich gesenkt werden. Nach Beendigung der Sanierungsarbeiten wurde ein Heizenergieverbrauch von 49 kWh/m²a gemessen. Der Wirkungsgrad der Heizanlage mit den zwei Heizkesseln beträgt etwa 95 %.
Heizenegieverbrauch vor und nach der Sanierung
Gebäude-
abschnitt
Heizenergieverbrauch [kWh/m²a]
Vor der Sanierung Nach der Sanierung (gemessen)
1997/1998* 1998/1999
1
(2.090 m²)
250 36 43
2
(1.110 m²)
210 40 45
3
(2.060 m²)
140 40 55
Gesamt 200 38 49
*) 1997/1998 keine vollständige Messperiode
(Datenaufzeichnung ab 19. November 1997)
Strom
Das neue Beleuchtungssystem benötigt deutlich weniger elektrische Energie. Der Stromverbrauch verringerte sich von ursprünglich 8,6 kWh/m²a auf 2,6 kWh/m²a. Das System mit tageslichtabhängiger Regelung erwies sich im Vergleich zum System mit manueller Regelung als nicht wirtschaftlich, da dessen Stromverbrauch mit 2,2 kWh/m²a nur geringfügig niedriger ist.

 

Nutzerbewertung
plie_user145
Nach Beendigung der Messphase wurden die Beschäftigten der Schule über das sanierte Gebäude und dessen Heizanlage sowie dessen Beleuchtungssystem befragt.
Vollste Zufriedenheit der Nutzer ergab sich bei der Bewertung des Gebäudes und der Heizanlage. Die tageslichtabhängige Regelung der künstlichen Beleuchtung wurde ebenfalls befürwortet.
Die automatische Steuerung der Jalousien wurde jedoch bemängelt. Die plötzliche, nicht bewusst gesteuerte Veränderung der Beleuchtungsverhältnisse und die Motorengeräusche wurden als störend und konzentrationsschwächend empfunden. Des Weiteren kommt es aufgrund der einheitlichen Steuerung der kompletten besonnten Fassade auch zur Verdunkelung von Räumen, die durch Bäume bereits natürlich verschattet sind. Die automatische Steuerung der Jalousien wurde deshalb auf Wunsch der Lehrer am Ende der Messphase deaktiviert.
Schüler der Schule in
Stuttgart-Plieningen

 

Zusammenfassung

Empfehlungen
- Ein integrales Sanierungskonzept, das sowohl die Gebäudehülle als auch die Anlagentechnik mit einbezieht, führt zu einer besseren Kosteneffizienz.
- Eine erhebliche Verbrauchsreduzierung kann durch kostengünstige Maßnahmen wie etwa ein neuer Anstrich der Räume oder die Verlegung der Wärmedämmung des Daches im Rahmen einer Schüler-Projektarbeit erreicht werden.
- Natürliche Lüftung kann effizient sein, benötigt aber eventuell Unterstützung durch einfache Visualisierung des Zustands der Luftqualität.
Das Energiekontrollsystem der Stadt Stuttgart hat gezeigt, dass der Energieverbrauch ohne Kapitalaufwand durch betriebliche und organisatorische Maßnahmen um bis zu 40 % reduziert werden kann. Durch die energetische Sanierung konnte der Heizwärmebedarf nochmals um mehr als 75 % reduziert werden.
Um die Maßnahmenkombination mit dem besten Verhältnis von Investitionskosten zu Heizwärmeeinsparung zu erhalten, müssen verschiedene Einzelmaßnahmen bewertet werden. Falls die Heizanlage ohnehin erneuert werden soll, sollte auch über Wärmedämmmaßnahmen an der Gebäudehülle nachgedacht werden. Aufgrund der Wärmedämmung reduziert sich die erforderliche Leistung der neuen Heizungsanlage. Die dadurch reduzierten Kosten für die Heizanlage können der Wärmedämmung gutgeschrieben werden. Außerdem würde die Effizienz der Heizanlage bei einer nachträglichen Verbesserung des Wärmeschutzes verschlechtert.
Schulgebäude, die nur wenige Stunden täglich genutzt werden, sollten die Möglichkeit einer raschen Aufheizung verbunden mit einer Absenkung der Heizleistung während unterrichtsfreier Zeiten haben. Durch einen neuen (weißen) Anstrich mit sehr guten Reflexionseigenschaften ließ sich der Stromverbrauch in den Räumen um 20 % reduzieren. Das neue Beleuchtungssystem verringerte den Verbrauch um weitere 60 %. Die automatische Steuerung der Verschattungseinrichtungen kann den Kunstlichtbedarf senken. Die damit verbundenen Geräusche wurden von den Nutzern jedoch als störend und konzentrationsschwächend empfunden.
Die Integration und die Teilnahme der betroffenen Personen (Schulleitung, Lehrer, Schüler und Hausmeister) an der Sanierung erwies sich als hilfreich. Die Nutzer haben dann gewöhnlich eine engere Beziehung zu dem Thema Energiesparen und können sich stärker mit der sanierten Schule identifizieren. Diese Motivation könnte sicherlich noch gesteigert werden, wenn die eingesparten Energiekosten teilweise an die Schule zurückfließen würden.

 

Zusätzliche Informationen

Literatur
[1] Kienzlen, Volker, et al.: Exemplary Retrofitting of an Old School Building in Stuttgart (EROS), Proceedings IEA Future Buildings Forum "Retrofitting in Commercial and Institutional Buildings", Workshop 28.-30. April 1997, Stuttgart, Deutschland.
[2] Kienzlen, Volker, et al.: Modellhafte Sanierung einer Schule in Stuttgart Plieningen.
gi- Gesundheitsingenieur-Haustechnik-Bauphysik-Umwelttechnik 121 (2000) Heft 1.
[3] Kienzlen, Volker, et al.: Modellhafte Sanierung einer Schule (MOSES). Abschlussbericht. 1999, Stuttgart, Deutschland.

 

Projektpartner

Projektleitung Landeshauptstadt Stuttgart,
Amt für Umweltschutz, Abteilung Energiewirtschaft
Bauphysik Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP), Stuttgart
Anlagentechnik Institut für Kernenergetik und Energiesysteme (IKE),
Universität Stuttgart
Messprogramm IKE in Zusammenarbeit mit dem IBP
Förderprogramm Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)
Projektträger Jülich (PTJ)

 

Links

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: pfeil-rechts_blau www.bmwi.de

Projektträger Jülich: pfeil-rechts_blau www.kfa-juelich.de/ptj/

Fraunhofer-Institut für Bauphysik: pfeil-rechts_blau www.ibp.fraunhofer.de

Forschungsgesellschaft HLK Stuttgart mbH: pfeil-rechts_blau www.fghlk.de

Landeshauptstadt Stuttgart: pfeil-rechts_blau www.stuttgart.de

 

 

 
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