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Adresse: |
Jungmannstraße 5, 04159 Leipzig |
Bauherr: |
Stadt Leipzig |
Antragsteller: |
Hochbauamt der Stadt Leipzig |
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Allgemeine Daten |
Projektadresse |
Paul-Robeson-Schule Jungmannstraße 5 04159 Leipzig Deutschland |
Baujahr |
1969 |
Sanierungszeitraum |
1991-1993 |
Anzahl der Klassenzimmer |
18 + 6 Fachräume |
Standard- Klassenzimmer |
54 m² für 25 - 30 Schüler |
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Nutzfläche (EBF - Energie- bezugsfläche) |
4.100 m² |
A/V |
0,35 1/m |
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Nord-Ansicht des sanierten Gebäudes |
Projektübersicht Die Paul-Robeson-Schule stellt einen Typ der sogenannten Typenschulbauten dar, der in Plattenbauweise ab 1960 bis Mitte der 80er Jahre in der früheren DDR erstellt wurde. Insgesamt wurden etwa 400 baugleiche Schulen in Ostdeutschland errichtet. Die Gebäude weisen heute aufgrund mangelhafter Bauteilherstellung und Bauausführung, sowie fehlender Bauerhaltungsmaßnahmen, bauliche und energetische Schwachstellen auf, die letztlich zu einem hohen Heizenergiebedarf von mehr als 200 kWh/m² führen. Zwischen 1991 und 1993 wurde an diesem Gebäude eine beispielhafte Sanierung durchgeführt, die das energetische Einsparpotential aufzeigen sollte. Eine der wichtigsten Sanierungsmaßnahmen war der Einsatz von ca. 300 m² transparenter Wärmedämmung im Vergleich zu konventionellen Dämmmaterialien. |
Umgesetzte Maßnahmen Es wurden folgende Maßnahmen umgesetzt:
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Transparente Wärmedämmung |
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Dämmung der Außenwand, des Daches und der Kellerdecke |
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Sonnenschutz vor der transparenten Wärmedämmung und der Südfenster (nach Überhitzung der Räume innerhalb der ersten Messperiode) |
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Wärmeschutzverglaste Fenster |
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neue Heizungsregelung, individuelle Raumregelung |
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Lüftungsschlitze in den Fensterrahmen und unterstützende Ventilatoren |
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Lage
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Standort der Schule in Deutschland |
Breitengrad |
51,4 °N |
Längengrad |
12,4 °O |
Höhenlage |
107 m über NN |
Mittlere Jahrestemperatur |
9,1 °C |
Mittlere Wintertemperatur (Oktober - April) |
0 °C |
Klima - Beschreibung |
Klimazone TRY: 4 Potsdam |
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Gebäudetyp / Baujahr Das Gebäude wurde 1969 als typische Seitengangschule erstellt. Es wird als Grund- und Oberschule genutzt. |
Gebäudetyp |
Baujahr |
vor 1910 |
1910-1930 |
1930-1950 |
1950-1970 |
1970-1990 |
nach 1990 |
Dorfschule |
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Mehrgeschossige Schule |
Mittelflur-Schule |
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Seitenflur-Schule |
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Pavillon-Schule |
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Hallen-Schule |
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Zentral-Schule |
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Kammform-Schule |
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Offenes-Konzept-Schule |
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Cluster-Schule |
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Sonstige |
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Gebäude |
Die Paul-Robeson-Schule liegt am nördlichen Stadtrand von Leipzig. Das Gebäude ist freistehend und wird weder durch angrenzende Gebäude, noch durch Bäume verschattet.
Regel-Grundriss
Das Schulgebäude ist ein 4-stöckiger Block mit 81 m Länge und 9 m Breite. Die Klassenzimmer weisen in Richtung Süd-West.
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Hüllflächen Die Außenwände wurden aus Leichtbeton in einer Rahmenkonstruktion mit U-Werten von bis zu 2,6 W/m²K erstellt, die Originalfenster waren doppelverglaste Holzrahmenfenster. Die Kellerdecke war ungedämmt. Das Betonflachdach wies einen U-Wert von 0,65 W/m²K auf. |
Heizung / Lüftung / Kühlung und Beleuchtung Das Heizsystem wurde mit Stadtgas versorgt. Eine Kesselanlage mit 12 Gliederheizkesseln mit einstufigen Gasbrennern und je 116 kW Nennheizleistung wurde 1978 installiert. Die Heizlast betrug 1,4 MW. Die Systemtemperatur wurde der Außentemperatur nachgeführt. Die Lüftung erfolgte durch natürliche Querlüftung über die Klassenzimmer: Von außen durch die geöffneten Fenster in die Klassenzimmer und dann mittels Lüftungsschächte an der Wand zu den Korridoren. Die Beleuchtung wurde manuell von den Nutzern gesteuert. Natürliche Belichtung erfolgte in den Normalklassen über die nach Südwest orientierten Fensterflächen, während die Fachräume und Giebelzimmer beidseitig befenstert waren. Der Sonnenschutz bestand aus einer fest angebrachten Auskragung. |
Schäden / Mängel Neben hohen U-Werten und somit hohen Transmissionswärmeverlusten war die Fassade auch nicht luftdicht. Die Steuerung der Heizungsanlage war defekt: deshalb musste das Heizsystem manuell vom Hausmeister geregelt werden. |
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Energieeinsparung |
Konzept Das Sanierungskonzept zielte auf eine Reduzierung des Heizenergiebedarfs von mindestens 50 % ab. Dazu wurden Standardmaßnahmen wie die Verbesserung der Dämmung im Dach und an der Fassade, der Einsatz von Wärmeschutzverglasung und der Ersatz der Kesselregelung und der Heizkreissteuerung realisiert. Der Schwerpunkt des Sanierungsprozesses war jedoch auf den Einsatz von transparenter Wärmedämmung (TWD) ausgelegt. Die insgesamt 96 TWD-Module sollten von einheimischen Firmen hergestellt werden, wodurch ein Know-how-Transfer, sowie eine produktive Nutzung vor Ort stimuliert werden sollten. |
Gebäudehüllflächen Um den Energiebedarf um mindestens 50 % zu reduzieren, war es notwendig, die Fenster zu ersetzen und die Wärmedämmung im Dach und in den Fassaden zu verbessern. Die neuen Fenster bestehen aus Wärmeschutzverglasung in Holz-Aluminiumrahmen. Auf die Außenwände aus Leichtbeton wurden 8 cm starke Mineralfaserplatten mit mineralischem Putz als Wärmedämmverbundsystem aufgebracht. Das Dach und die Kellerdecke wurden mit Polystyrolhartschaum gedämmt. Auf der Südseite wurde ein 8 cm starkes transparentes Wärmedämmmaterial aus Polymethylmethacrylat (PMMA) hinter einer Glasscheibe eingesetzt, das in einen Holzrahmen integriert wie eine Vorhangfassade auf der Außenwand angebracht wurde. Damit erfolgte die Montage der TWD-Module aus Sicherheitsgründen in einer Vorhangfassade und konnte nicht, wie anfangs geplant, direkt auf die Brüstungselemente des Gebäudes erfolgen.
Vertikalschnitt durch das TWD-Modul
Im Oktober 1992 wurden die unterschiedlich gedämmten Fassadenbereiche des Schulgebäudes messtechnisch bewertet. Die ungedämmte Wand zeigte in dieser Zeit tägliche Wärmeverluste der Fassadenfläche von 650 Wh/m², an der opaken Wand betrugen die Verluste noch 200 Wh/m² und die transparent gedämmten Bereiche weisen in diesem Zeitraum Wärmegewinne von bis zu 420 Wh/m² auf. Dabei ist erwähnenswert, dass Heizkörper vor transparent gedämmten Wänden den Wärmeeintrag über die Fassade erheblich verringern.
Energiebilanzen der ungedämmten, opak und transparent gedämmten Fassade im Oktober 1992
In der einstrahlungsarmen Zeit von November bis Februar traten jedoch infolge fehlender Wärmegewinne größere Transmissionswärmeverluste über die TWD-Fassade auf, die Wandtemperaturen auf der Rauminnenseite lagen hier bis zu ca. 2 K unter denen der Innenwände.
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Zusammenstellung der U-Werte der Gebäudehüllflächen vor und nach der Sanierung
Bauteil |
U-Wert [W/m²K] |
Beschreibung |
Vor der Sanierung |
Nach der Sanierung |
Außenwand |
1,4 / 2,6 |
0,38 |
Dämmung: Mineralwolle-Platten, 8 cm |
Außenwand TWD - nicht verschattet |
2,6 |
0,55 |
Transparente Wärmedämmung aus PMMA, 8 cm |
Außenwand TWD - verschattet |
0,38 |
Fenster |
2,8 |
1,5
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Holz-Aluminium-Fenster mit Wärmeschutzverglasung
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Dach |
0,65 |
0,18 |
Polystyrolhartschaum-Dämmung |
Kellerdecke |
3,7 |
0,46 |
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Heizung / Lüftung / Beleuchtung Die Versorgung mit Stadtgas wurde im November 1993 auf Erdgas umgestellt. Die bestehende überdimensionierte Heizungsanlage wurde durch zwei neue, in Reihe geschaltete, Heizkessel ersetzt, die je nach Bedarf zur Wärmegewinnung herangezogen werden. Die Räume werden durch eine Einzelraumtemperaturregelung gesteuert. Fensterkontakte bewirken in den jeweiligen Räumen bei geöffnetem Fenster das zwangsweise Schließen der Heizkörperventile. Die Heizungsanlage der Hausmeisterwohnung wurde von der Anlage der Schule getrennt. Durch die Sanierungsmaßnahmen wurde die Fassade sehr viel luftdichter. Deshalb wurden verschließbare Lüftungsschlitze in die Fensterrahmen eingebracht und Ventilatoren installiert, um die Luftbewegung zu unterstützen. Über die Belüftungsschlitze ist eine Luftzufuhr bis zu 500 m³ pro Stunde möglich. Die Ventilatoren arbeiten mit zwei unterschiedlichen Geschwindigkeiten und werden manuell geregelt.
Die Beleuchtung war kein Bestandteil des Sanierungskonzepts.
Nachdem im ersten Jahr Überhitzungserscheinungen auftraten, musste ein bewegliches Sonnenschutzsystem sowohl vor die transparente Wärmedämmung als auch vor den Südfenstern angebracht werden, um angenehme Temperaturen in den Räumen zu erreichen. Alle Fensterverschattungen sind einzeln pro Klassenraum bzw. über eine zentrale Steuervorrichtung zu bedienen.
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Verbrauch |
Die Berechnung mit einem Simulationsprogramm ergab entsprechend der Gebäudekennwerte für den Ist-Zustand einen Heizenergiebedarf von 128,5 kWh/m²a, der gemessene Wert betrug jedoch 225 kWh/m²a. Nach der Sanierung ergab die Abschätzung des Heizenergiebedarfs aus dem Gasverbrauch in den zwei Messperioden eine Reduzierung von 61 bis 75 %. Der Energieverbrauch in der zweiten Messperiode war deutlich höher, da der erste Winter milder war. |
Aufteilung der spezifischen Verbrauchswerte bezogen auf die Bruttogeschossfläche |
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Verbrauch [kWh/m²a] |
Vor der Sanierung |
Nach der Sanierung |
Errechnet |
1994/95 gemessen |
1995/96 gemessen |
Heizung |
225 |
57 |
58 |
89 |
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Die transparente Wärmedämmung wies zwischen der Sonneneinstrahlung und der Wärmeabgabe an den Raum eine Zeitverschiebung von 7 Stunden auf. Dadurch kann zwar eine konstantere Raumtemperatur erwartet werden, aber die solaren Gewinne werden in eine Tageszeit verschoben, in der die Schule nicht genutzt wird. Nutzbare Wärmegewinne konnten nicht nachgewiesen werden.
Beleuchtung und elektrische Geräte wurden bei der Sanierung nicht berücksichtigt.
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Nutzerbewertung |
Das ursprüngliche Sanierungskonzept ohne Sonnenschutzsystem führte aufgrund Überhitzung der Räume im Sommer zu Beschwerden durch die Nutzer. Zudem fiel aufgrund von mutwilliger Zerstörung der Kontrolllampen an den Reglerverteilerschränken, sowie absichtlicher Herbeiführung von Kurzschlüssen im Bereich der Ansteuerung der Heizkörperventile die Heizungsregelung im Januar 1994 wiederholt aus. Die Nutzer akzeptierten das Lüftungskonzept nicht völlig, ließen die Lüftungsschlitze in den Fensterrahmen geschlossen und öffneten weiterhin die Fenster. Die nutzerabhängige Lüftung könnte verbessert werden durch eine CO2-Konzentrationsanzeige in den Klassenzimmern. Ein höheres Temperaturniveau im Winter wurde von den Nutzern bevorzugt. Dies kann durch den Einsatz von transparenter Wärmedämmung unterstützt werden.
In gemeinsamer Abstimmung mit dem Schulverwaltungsamt und dem Hochbauamt wurden alle auftretenden Mängel beseitigt.
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Kosten |
Es gibt keine detaillierten Informationen, jedoch kann gesagt werden, dass ein Großteil der eingesetzten Technologien nicht kostendeckend war. |
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Zusammenfassung |
Im Mittel wurde eine Reduzierung des Heizenergiebedarfs von 67 % realisiert. Das Konzept mit der transparenten Wärmedämmung erwies sich als stark klimaabhängig. Bei der Anwendung von transparenten Wärmedämmverbundsystemen muss zudem berücksichtigt werden, dass diese Systeme keine allgemeine Brandschutzzulassung besitzen. Der Aufwand für zusätzliche Brandtests verlängerte die Planungsphase um 6 Monate. Die Vorgabe örtliche Handwerker einzusetzen führte zu Zeitverzögerungen, da die angewendete Technologie neu für sie war. Durch die reduzierte Lüftung wurde das Überhitzungsrisiko gesteigert. Ein Sonnenschutzsystem wurde 1994 nach der ersten Heizperiode angebracht. Als sofortige Lösung mussten die Nutzer die Oberlichter öffnen und die Ventilatoren mussten ab 4 Uhr morgens in Betrieb genommen werden, um die Überhitzung zu verringern. Der Einsatz des mineralischen Putzes auf den opaken Dämmplatten erwies sich für Schulgebäude als ungünstig, da durch mutwillige Zerstörung (Steinwurf) mehrfach Putzzerstörungen auftraten. |
Empfehlungen |
Transparente Wärmedämmverbundsysteme müssen sorgfältig geplant werden hinsichtlich Sonnenschutz, Brandschutz, Kosten, usw. Bei innovativen Lüftungssystemen und ihrer Luftzufuhr müssen durch genaue Planungen unangenehme Kaltluftströmungen vermieden werden, da ansonsten die Benutzer die Systeme abschalten und die Fenster geöffnet lassen.
Um die Akzeptanz der mechanischen Lüftungssysteme zu verbessern, sollten sie nur zur Unterstützung der natürlichen Lüftung eingesetzt werden. |
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Zusätzliche Informationen |
Literatur
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Russ, C.; Hoffmann, V. U.: Energetische Sanierung einer Schule unter Verwendung transparenter Wärmedämmung – Modellvorhaben "Paul-Robeson-Schule" Leipzig, Schlussbericht zum Fördervorhaben 0329224A, November 1994 |
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Projektpartner
Wissenschaftliche Projektleitung, Energetisches Gesamtkonzept |
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme – ISE, Freiburg, Gruppe Leipzig, Dr. Christel Russ |
Gesamtplanung, Architektur |
Leipzig Projekt, Ingenieur- und Planungsbüro Matthes und Buchmann |
TWD-Module |
Bauausführung: Holz- und Leichtmetallbau GmbH Leipzig Beratung – Ausführung: Glaserei Schmidt Freiburg Beratung – Verschattungseinrichtung: Fa. Remis, Köln |
Messtechnische Betreuung |
IfE Leipzig GmbH, Ingenieur- und Servicegesellschaft für Energie und Umwelt |
Förderung |
Bundesministerium für Forschung und Technologie, Projektträger Jülich Förderkennzeichen 0329224 A |
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Links
Projektbericht im Rahmen des Energy Conservation in Buildings and Community Systems (ECBCS) – Programms der Internationalen Energie Agentur (IEA): www.annex36.de/eca/de/03viewer/case_studies/de_3_data.html
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme – ISE Freiburg: www.ise.fraunhofer.de
Projektträger Jülich: www.fz-juelich.de/ptj/
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Abbildungsnachweis
Abschlussbericht des Fraunhofer-ISE [1]
Homepage der Paul-Robeson-Mittelschule: www.sn.schule.de/~ms-robeson-l/
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